Wir alle haben eine Vorstellung davon, wie eine gesunde Ernährung aussehen sollte. Von klein auf wird uns gesagt, „Iss das, Gemüse ist gesund“ oder „Iss nicht so viele Süßigkeiten, davon gehen deine Zähne kaputt!“ Diese und ähnliche Sätze sprechen wir heute oft selbst aus, wenn wir gemeinsam mit Kindern essen.
Bereits die jüngsten Kinder in der KiTa wissen, welche Lebensmittel gesund oder ungesund sind. Oftmals geben sie uns Erwachsenen auch die Antwort, die wir hören wollen. Jede Familie und alle, die mit Kindern zusammenleben oder zusammenarbeiten, wissen wie schwer und facettenreich es ist, Kindern eine gesunde Ernährungsweise mit auf den Weg zu geben. Es kostet Geduld und Kraft immer wieder am Ball zu bleiben. Eine bedeutende Aufgabe, die eine lohnenswerte Investition in die physische und auch psychische Gesundheit der Kinder und der eigenen Familie ist, von der alle langfristig profitieren.
Das Modell der Ernährungspyramide als praxisorientierente Hilfe für den Alltag
Die Ernährungspyramide des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) ist ein Modell, das allgemeingültige Ernährungsempfehlungen auf anschauliche Weise darstellt. Sie basiert auf den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für gesunde Erwachsenen im Alter von 18 bis 65 Jahren. Diese Empfehlungen sehen vor, dass sowohl pflanzliche Lebensmittel als auch Milch und Milchprodukte sowie tierische Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Fisch und Eier verzehrt werden.
Im März 2024 hat die DGE neue lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen veröffentlicht. Das BZfE nahm diese aktualisierten Empfehlungen zum Anlass, auch das Modell der Ernährungspyramide entsprechend anzupassen. Zurzeit haben sowohl das ursprüngliche als auch das neue Modell der Ernährungspyramide ihre Berechtigung für die Nutzung im Alltag.
Die Ampelfarben als erste Orientierung
Die Signalfarben der Ampel grün, gelb und rot stellen die ersten und einfachsten Hinweise dar, ob Lebensmittel „gut“ oder „nicht gut“ für uns sind. Alles was wir essen und trinken lässt sich zu einer dieser drei Farben sortieren. Der erste Blick auf beide Pyramiden zeigt, dass der Anteil der grünen Lebensmittelkästchen deutlich überwiegt. Diese Lebensmittelgruppen bilden idealerweise den Schwerpunkt der täglichen Ernährung – und das sind Wasser sowie pflanzliche Lebensmittel.
Alle Lebensmittel, die mit der grünen Ampelfarbe gekennzeichnet sind, sollten wir reichlich verzehren. Lebensmittel mit der gelben Ampelfarbe sollten regelmäßig, aber bewusst gegessen werden und Lebensmittel aus dem roten Ampelsegment sollten sparsam und mit Bedacht genossen werden.
In KiTa und Schule können selbst jüngere Kinder Lebensmittel oder Lebensmittelattrappen den entsprechenden Ampelfarben zuordnen und so selbst erkennen, welche Lebensmittel sie bevorzugen oder eher in geringeren Mengen essen sollten. Ernährungsbildung kann also bereits früh ansetzen und mit „Kopf, Herz und Hand“ gezielt gelenkt und gefördert werden.
Jedes Kästchen trägt ein Symbol für eine Lebensmittelgruppe
In der Ernährungspyramide finden acht Lebensmittelgruppen auf sechs Ebenen ihren Platz. Alles was wir essen oder trinken kann einer Lebensmittelgruppe zugeordnet werden.
Schauen wir uns beide Pyramiden an, so finden wir in der untersten Ebene mit der grünen Ampelfarbe als Basis ein Wasserglas. Diese Ebene steht für Wasser und ungesüßten Tee oder Kaffee.
Die zweite Ebene zeigt Äpfel und Möhren, die alle Obst- und Gemüsesorten symbolisieren. Je bunter die Auswahl, desto besser. Obst und Gemüse liefern reichlich Vitamine und Mineralstoffe. Saisonal und regional ausgewählt haben beide Lebensmittelgruppen mehr Frische und somit mehr Nährstoffe und weniger Schadstoffe. Gemüse sättigt durch seinen hohen Ballaststoffgehalt besonders gut und langanhaltend. Kürzere Transportwege schonen die Umwelt, daher sollten wir regionale Produkte bevorzugen.
In der dritten grünen Ebene gibt es Getreideähren, stellvertretend für alles, was aus Getreide hergestellt wird wie Brot, Brötchen, Knäckebrot, aber auch für Getreideflocken oder die Lebensmittel Reis, Nudeln, Bulgur oder Couscous. Aufgrund des höheren Nährstoffgehalts und Sättigungswerts, sind Vollkornprodukte zu bevorzugen. Ein Kästchen trägt das Zeichen der Kartoffel – für Salz, Pell- oder Ofenkartoffeln, aber auch für Kartoffelpüree.
Nun geht es in die vierte Ebene, die mit der gelben Ampelfarbe gekennzeichnet ist. Hier sind tierische Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte sowie ein weiterer Baustein für Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Fisch und Eier zu finden. In der aktualisierten Ernährungspyramide des BZfE ist neben dem Fleischstück eine Erbsenschote, stellvertretend für Hülsenfrüchte abgebildet. Dieser Baustein beinhaltet sowohl tierische als auch pflanzliche Eiweißquellen. Als Faustregel gilt: Wer täglich eine Portion aus dieser Lebensmittelgruppe auswählt und regelmäßig durchwechselt, ist bestens mit Eiweiß versorgt. Wer sich vegetarisch ernähren möchte, kann aus diesem Baustein ausschließlich Hülsenfrüchte als pflanzliche Proteinquelle nutzen.
In der fünften Ebene sind Fette und Öle zu finden. Sie liefern lebenswichtige Fettsäuren und helfen bei der Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen. Auf dieser Ebene unterscheiden sich die beiden Modelle in den Ampelfarben rot bzw. gelb.
Die oberste Ebene in roter Farbe fasst alle Extras zusammen: Süßigkeiten, Knabbereien, süße Getränke und für Erwachsene auch alkoholische Getränke. Dies ist unser „Luxuskästchen“, das keine bedeutenden Stoffe zur Nährstoffversorgung liefert.
Die Anzahl der Bausteine ist eine Empfehlung für die Verzehrsmenge
Jeder einzelne Baustein steht stellvertretend für eine Portion. Als Maß für eine Portion dienen die eigene Hand oder alltagsübliche Messgrößen wie ein Löffel oder ein Glas. Kleine Menschen haben kleine Hände, große Menschen haben große Hände. Daher dürfen die Portionen auch unterschiedlich groß sein. Zudem ist die Hand immer dabei und Portionen können leichter eingeschätzt werden.
Für das grüne Ampelsegment bedeutet das, dass die eigenen Hände gut gefüllt sein dürfen. Lebensmittel, die die gelbe Ampelfarbe haben, sollten als Portionsmenge maximal die Handgröße, manchmal auch nur Handtellergröße haben. Bei Fetten und Ölen wird in der Regel das Löffelmaß und nicht die eigene Hand als Maßstab für eine Portion angelegt. Hier lautet die Empfehlung für gesunde Erwachsene: eine Portion entspricht einem Esslöffel. Bei dem roten Ampelkästchen „Extras“ lautet die Empfehlung, dass eine Portion gleich einer Hand ist. Allerdings nur bis an den Handtellerrand befüllt oder alternativ ein Glas eines nicht zuckerfreien Getränks.
Das Modell der Ernährungspyramide ist so angelegt, dass alle 22 Ernährungsbausteine auf die einzelnen Mahlzeiten am Tag verteilt werden. Dies gewährleistet eine angemessene Versorgung mit allen Nährstoffen, die der menschliche Körper für seine Funktionalität und Gesunderhaltung benötigt.
Was bedeuten die Unterschiede in den beiden Modellen? Wie sind sie zu bewerten?
Neu ist das gemeinsame Symbol für Obst und Gemüse. Hier ist die Kernaussage, dass täglich fünf Portionen Obst und Gemüse verzehrt werden sollten ohne zwischen Obst und Gemüse zu unterscheiden. Obst hat jedoch durch den höheren Eigenanteil an Fruchtzucker deutlich mehr Energie gemessen in Kalorien. Die Botschaft, grundsätzlich mehr Obst und Gemüse zu essen, ist zu begrüßen. Allerdings macht es Sinn angesichts der zunehmenden Anzahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher hier weiterhin das energie- und zuckerärmere Gemüse in der Auswahl zu bevorzugen.
Neu ist, dass nur noch zwei anstatt drei Portionsbausteine für Milch und Milchprodukte empfohlen werden. Die aktualisierte Ernährungspyramide des BZfE basiert auf den DGE-Empfehlungen für gesunde Erwachsene im Alter von 18 bis 65 Jahren. Milch und Milchprodukte sind reich an Proteinen, die für den Zellaufbau benötigt werden. Gleichzeitig enthalten sie auch Calcium und Vitamin D, beides Nährstoffe, die Knochen und Zähne stärken. Da sich Kinder und Jugendliche im Wachstum befinden, dürfen ihre Milchportionen großzügiger ausfallen – für diese Zielgruppe bleibt also die Empfehlung von drei Portionsbausteinen aus der ursprünglichen Ernährungspyramide bestehen.
Neu ist, dass der Baustein für die tierischen Lebensmittel Fleisch, Fisch, Wurst und Eier zusätzlich noch als pflanzliche Eiweißquelle Hülsenfrüchte beinhaltet. Dieser Baustein liefert tierische und pflanzliche Proteine und damit essentielle Aminosäuren, die in unterschiedliche Zellstrukturen eingebaut werden. Die DGE gibt für alle diese Lebensmittel eine wöchentliche Empfehlung. Die Ernährungspyramide bildet allerdings Empfehlungen für einen Tag ab. Daher sollte täglich nur eine Portion aus diesem Baustein ausgewählt werden. Gleichzeitig sollten die tierischen Lebensmittel eher kleiner portioniert werden. Auf diese Weise wird auch dem Gedanken der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung mehr Beachtung geschenkt.
Neu ist, dass die fünfte Ebene, in der Fette und Öle abgebildet sind, gelb eingefärbt ist. Hinzu kommt ein ergänzendes Kästchen für Nüsse. Aufgrund des Gehalts lebenswichtiger Fettsäuren und fettlöslicher Vitamine wie Vitamin E und K sowie Beta-Carotin, eine Vorstufe des Vitamin A, sind sie ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Fette und Öle haben jedoch eine hohe Energiedichte, also viele Kalorien. Es gilt daher die Empfehlung sie mäßig, aber regelmäßig aufzunehmen – was sich in der gelben Ampelfarbe widergespiegelt.
Nüsse sind in der ursprünglichen Ernährungspyramide auch vorhanden, sie sind nur nicht sichtbar. Da Nüsse botanisch zum Obst gezählt werden, finden sie in der ursprünglichen Pyramide ihren Platz in der Lebensmittelgruppe Obst. In der aktualisierten Ernährungspyramide sind Nüsse aufgrund ihres Gehalts an mehrfach ungesättigten Fettsäuren neben der Lebensmittelgruppe Fette und Öle eingeordnet.
Neu ist das runde Symbol neben der Ernährungspyramide. Das Symbol „Gut für dich und die Umwelt“ verdeutlicht, dass neben Gesundheitsaspekten auch ökologische Aspekte wie ein niedriger Co2-Fußabdruck, die Verwendung saisonaler Lebensmittel und die Bevorzugung regionaler Lebensmittel aufgrund der kürzeren Transportwege in die Empfehlungen einfließen.
Fazit:
Die aktualisierte Ernährungspyramide des BZfE basiert auf den Empfehlungen der DGE, die sich an gesunde Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahre richten und sich als Mischköstler ernähren. Als Mischköstler wird eine Person bezeichnet, die sowohl pflanzliche als auch tierische Lebensmittel verzehrt. Die Ernährung eines Mischköstlers ist also ausgewogen, da sowohl Gemüse und Obst, Getreide und Getreideprodukte, Milch und Milchprodukte als auch Fleisch, Wurstwaren, Fisch und Eier auf dem Speiseplan stehen.
Die Grundbotschaften der Ernährungspyramide sind in beiden Modellen gleich: es wird eine vorwiegend pflanzenbetonte Ernährungsweise empfohlen. Wird nach diesen Empfehlungen gegessen, ist die Versorgung mit allen erforderlichen Makronährstoffen wie Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett sowie den Mikronährstoffen, den Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, gesichert. Das aktualisierte Modell der Ernährungspyramide legt den Fokus intensiver auf eine Reduzierung des Risikos für ernährungsbedingte Erkrankungen und eine geringere Umweltbelastung. Demzufolge ist die Ernährungspyramide des BZfE ein alltagsorientiertes und einfaches Modell, um sich selbst und seine Familie ausgewogen und auch nachhaltig zu ernähren.
Für Kinder, Jugendliche und Senioren hat die DGE die Ernährungsempfehlungen noch nicht überarbeitet. Die aktualisierte Ernährungspyramide kann aber auch für diese Bevölkerungsgruppen als grobe Orientierung dienen. Kinder, die sich im Wachstum befinden, benötigten jedoch größere Portionen an Milch und Milchprodukten. Daher ist die bisherige Ernährungspyramide weiterhin eine solide Basis für eine ausgewogene Kinderernährung und darf hier weiterhin zum Einsatz kommen.
Die aktualisierte Ernährungspyramide gilt nicht für Schwangere, Stillende, Säuglinge und Kleinkinder. Das Netzwerk Gesund ins Leben nutzt zurzeit für diese sensiblen Personengruppen weiterhin die ursprüngliche Ernährungspyramide des BZfE.
Quellen:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)
Bundeszentrum für Ernährung (BZfE)
Netzwerk Gesund ins Leben