Was ist denn das? Nudging?
Wir Menschen handeln oft aus Gewohnheit. Gute Vorsätze allein reichen nicht aus, um sich gesünder zu ernähren oder sich mehr zu bewegen. Nudging soll helfen, Gewohnheiten ohne Vorschriften und Verbote zum Besseren zu verändern. Wörtlich übersetzt bedeutet Nudging „Anstoßen“ oder „Anstubsen“. Menschen sollen dazu bewegt werden, sich freiwillig für eine erwünschte Verhaltensweise zu entscheiden.
Nudging ist also eine Strategie zur Verhaltensänderung. Die Idee, Verhaltensänderungen über Nudges zu erreichen, kommt ursprünglich aus der Verhaltensökonomie. Der Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler und der Rechtswissenschaftler Cass Sunstein stellen in ihrem Buch „Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ (2008) das Konzept des Nudgings vor. Thaler erläutert, dass es für den Einsatz von Nudges drei Grundsätze gibt:
- Nudges müssen eindeutig und dürfen nicht irreführend sein.
- Es sollte so einfach wie möglich sein, sich auch gegen einen Nudge zu entscheiden. Hier greift das Prinzip der freiwilligen Entscheidungsmöglichkeit.
- Nudges sollen zu Entscheidungen ermutigen, die das Verhalten so verändern, dass diese Entscheidungen zum Wohlergehen der eigenen Person bzw. der Gesellschaft beitragen. Das heißt, die Veränderung muss eine positive Wirkung erzielen.
Die Lenkung von Gewohnheiten in eine positive Richtung gelingt nur dann, wenn sich Menschen freiwillig entscheiden dürfen und wenn Verhaltensmuster leicht zu durchbrechen sind. Dabei versuchen Nudges in der Regel auf der Emotionsebene anzusetzen.
Wir kennen Nudging-Methoden, nehmen sie aber bewusst nicht wahr
Im Alltag begegnen uns unzählige Nudges. Wir denken über diese Nudges normalerweise nicht nach. Unser Unterbewusstsein nimmt die Hinweise auf und wir handeln oft im Sinne des angepriesenen Verhaltens. Hier sind einige Beispiele:
- Infos oder Signale positionieren, die ein gewünschtes Verhalten anpreisen
(z. B. eine Treppe statt Aufzug, Warnhinweise auf Zigarettenschachteln) - gewünschte Handlungen bequemer und zugänglicher machen
(gesunde Lebensmittel beim Einkaufen in Augenhöhe platzieren, Obstschale in den Mitarbeiterraum stellen, Gemüsesticks in Kita und Schule immer zum Frühstück anbieten, Grundeinstellungen beim Computer ändern: doppelseitiger Druck als Standardeinstellung auswählen, um Papier einzusparen) - soziale Normen ansprechen
(„andere Menschen waschen sich auch die Hände“) - soziale Rollen ansprechen
(Menschen in pflegerischen und medizinischen Berufen waschen sich öfter die Hände) - Vorbild sein
(das erwünschte Verhalten ohne viele Worte bei der zu lenkenden Gruppe – Familie, Kita, Schule – selbst durchführen) - Reminder – Erinnerungen anwenden
(sich selbst an das gewünschte Verhalten erinnern per Post-it-Zettel, Plakat, Mail, Brief …)
Besser Essen – das funktioniert effektiv mit Nudges
Im Hinblick auf steigende Übergewichtsraten in allen Altersgruppen unserer Gesellschaft und dem Eingeständnis, dass Informationskampagnen allein nicht ausreichen, um Verhaltensänderungen zu erzielen, kann Nudiging ein wirkungsvolles und kostengünstiges Mittel sein. Gerade innerhalb von Essgemeinschaften wie in der Familie, in der Kita-Gruppe oder in der Schulklasse können Nudges gezielt eingesetzt werden. Dabei wird gleichzeitig dem Bildungsauftrag und der Gesundheitsförderung entsprochen.
Die beiden Präventionsprogramme Kita mit Biss und Schule mit Biss bilden einen festigenden Rahmen, der mit einfachen Nudges noch verstärkt werden kann. Es gibt viele Ideen gesundheitsförderndes Essverhalten zu lenken wie die folgenden Best-Practice-Beispiele in der Info-Box zeigen.
INFOBOX
Gesünder auswählen mit Hilfe von Nudges – Best-Practice
* Namen der Gerichte auf grüne, gelbe oder rote Schilder schreiben (Ampelfarbensystem)
* Smileys an die Salattheke anbringen
* Gemüse und Obst bei der Essensausgabe an den Anfang positionieren
* Gemüse und Obst immer zuerst anbieten
* Gemüse und Obst als Fingerfood anbieten
* größere Portionsmengen von pflanzlichen Lebensmitteln ausgeben
* Trinkwassersysteme in Schule oder Kita strategisch günstig anbringen
* ausschließlich Wasser als Getränk anbieten
Veranstalten Sie doch in der Schule einen kleinen Wettbewerb:
Lassen Sie die Kinder weitere Nudges entwickeln. Tolle Ideen können beispielsweise mit einem Bewegungsspiel nach Wunsch belohnt werden.
Eine ausgewogene, abwechslungsreiche und zuckerarme Ernährung ist eine tragende Säule der Zahngesundheit. Nudges können ebenso erfolgreich auf die Mund- und Zahnhygiene übertragen werden. In Kita und Schule können farbige Schilder bereits im Essensraum auf das anschließende Zähneputzen hinweisen. Belohnungssysteme dienen auch als Nudge: Gibt es für jedes Zähneputzen einen Punkt, zum Beispiel in Form eines strahlenden Zahns, winkt bei Erreichen einer vorher vereinbarten Punktezahl eine Belohnung, die dem Kind oder der gesamten Gruppe zugutekommt. Das gewünschte Verhalten, nach dem Essen Zähne zu putzen, wird mit der Absicht saubere Zähne = gesunde Zähne zu erhalten, positiv gelenkt.
Schauen Sie sich in Ihrem Umfeld um – welche Mittel und Methoden können Sie für ein gesundheitsförderndes Verhalten einsetzen? Mit wenig Aufwand lässt sich viel Gutes erreichen!